Erste Tour
Unerwartet herrliches Wetter
Nach dem Aufstehen am nächsten Morgen kommt die große Überraschung: Die Wettergötter sind uns gnädig gestimmt und haben die Regenwolken über Nacht abziehen lassen, uns erwartet ein strahlend blauer Himmel bei durchaus schattigen 2°C, was den Neuschnee auf dem Gipfel über der Ortschaft erklärt. Unsere Stimmung steigt ad hoc an das obere Ende des Barometers und beim Frühstück machen wir den Plan für den heutigen Tag. Durch den Umzug in die Einzelzimmer verlieren Günter und ich etwas Zeit, deshalb nehmen wir für heute die kürzeste Route unter die Räder. Um kurz nach 10 Uhr steigen wir auf die Mopeds und nehmen den Passo Campolongo in Angriff, nach 5 Tornanti ist es vollbracht und es geht talwärts nach Corvara, wo wir links zum Grödner Joch abbiegen. Nach den 16 Tornanti der Ostrampe erreichen wir die Passhöhe und gönnen uns eine ZiPa mit integrierter FoPa (Fotografierpause). In Pian de Gralba verlassen wir die Sella-Runde nach rechts Richtung Brixen, um von dort aus zunächst das Kofeljoch und danach die restlichen 130m zum Würzjoch zu erklimmen. Die ersten Kilometer bietet sich noch eine herrliche Aussicht über das Eisacktal, die gehörig von den Tornanti ablenkt, die hier die Aufmerksamkeit des Fahrers stark beanspruchen. Aber nachdem die Straße in den Wald einmündet, ist die Sicht auf das schwarze Band vor uns beschränkt und alle Ablenkung durch die Aussicht vergessen. Das ist auch gut so, weil die Streckenführung und der einheimische Gegenverkehr keine Ablenkung dulden. Hinter dem Würzjoch finden wir eine schöne Rechtskurve mit einer Parkmöglichkeit, die spontan zur Schaukurve und Rastplatz umfunktioniert wird. Zum Schauen gibt es nicht viel, außer einigen Dosen, 3 Wanderern und 2 Gebückten mit gelbem Kennzeichen lässt sich nichts sehen. In den langen Zwischenräumen lassen wir uns die Reste von Wurst und Brötchen vom Vortag schmecken, die die Nacht im gut gekühlten Topcase der RT verbracht haben. Nach dieser Stärkung geht es weiter nach Badia und von dort über den Passo di Valparola zum Passo di Falzarego. Über dessen Südwestrampe, auf der eine Kehre in einem Tunnel liegt, geht es Richtung Süden, wo uns ein Hinweisschild vorzeitig zum Passo di Giau abbiegen lässt. Bereut haben wir den dadurch entstandenen Abstecher nicht, bringt er uns doch am Colle Santa Lucia zu einem Aussichtspunkt oberhalb von Caprile, der einen herrlichen Ausblick nach Westen in das Pettorinatal und die dahinter liegende Marmolada sowie nach Süden durch das Cordevole-Tal auf den Lago di Alleghe bietet. Beim Blick den Abhang hinunter sehen wir dort ein Schild mit der Kehren-Nr. 152 liegen, beschließen aber spontan, diese Kehre auszulassen. Statt dessen geht es zurück zur versehentlich genommenen Abzweigung und von dort auf der ursprünglich geplanten Strecke zum Passo di Giau, auf der wir die vom Aussichtspunkt von oben vielversprechend aussehenden Tornati nach Sac und Caprile mitnehmen.
Das Rifugio am Passo di Giau
Die gut ausgebaute Südwestrampe hinauf sind wir nahezu alleine und fast hätten wir den Ratschlag unseres Wirtes Manuel vergessen, ab dem Gasthaus 2 km vor der Passhöhe die Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h einzuhalten, weil zwecks Sponsoring des italienischen Staatssäckels dort vor kurzem zwei stationäre Blitzer aufgebaut wurden. Den ersten entdecken wir kurz vor der Kehre Nr. 21 am rechten Straßenrand und nur wenige Meter weiter steht auch der zweite unscheinbare, knapp 1 m hohe graue Blechkasten. Der herrliche Sonnenschein und die mittlerweile sehr milden Temperaturen locken und wir investieren das kurz zuvor gesparte Geld in Kaffee auf der Terrasse des Rifugio auf der Passhöhe. Während des Kaffees genießen wir den ungehinderten Blick auf Sellastock und Marmolada und lassen uns von der Sonne noch einige Hautzellen färben, bevor es auf der anderen Passseite hinunter geht Richtung Cortina d'Ampezzo. Nach knapp vier Kilometern ist die Baumgrenze erreicht und die restliche Strecke verläuft meistens unter Bäumen, zudem ist sie in schlechterem Zustand als die Südwestrampe. Kurz vor Pocol vereint sich die Nordostrampe des Passo di Giau mit der Ostrampe des Passo di Falzarego, die bis auf einige Spitzkehren weiter geschwungene, schnelle Kurven und einige gerade Abschnitte bietet. Über diese teils ebenfalls unter Straßenschäden leidende Strecke schwingen wir hinauf zur Passhöhe, die zügig überquert zurück bleibt und genießen noch einmal die Abfahrt hinunter nach Andraz. Diesmal biegen wir nicht nach links ab, sondern fahren über Pian de Salesei und Rocca Pietore in das Pettorinatal zum Passo di Fedaia. Kurz hinter Sottoguda lockt die Gola di Sottoguda, eine leider nur zu Fuß erreichbare Klamm zur Besichtigung. Angesichts der schon fortgeschrittenen Stunde widerstehen wir der Verlockung und nehmen die restlichen Kilometer der schnellen Ostrampe, die nur kurz vor Pian de Lobbia richtige Kurven bietet, unter die Reifen. Nach dem obligatorischen Passbild geht es am Nordufer des Stausees entlang, ab dessen Staumauer am westlichen Ende die Straße nach Canazei hinunter fällt; sie bietet bis auf einige Spitzkehren im unteren Teil vornehmlich schnelle Kurven. So können wir bereits kurze Zeit später die Westrampe des Passo Pordoi in Angriff nehmen. Leider hatten diese Idee auch verschiedene Reisebusse, Wohnmobile und andere Dosenfahrer sowohl in Richtung Passhöhe als auch von dort kommend, wodurch uns der volle Genuss der gut ausgebauten, fahrerisch teilweise recht anspruchsvollen Strecke versagt bleibt. Die ebenso gute Strasse der Ostrampe, auf der weniger Verkehr herrscht, entschädigt dann für so manches Ungemach. Einziger Wermutstropfen ist der Fahrer einer Electra Glide, der meint, trotz Gegenverkehr Anspruch auf die gesamte Straßenbreite zu haben und eine schnell angefahrene leichte Rechtskurve abrupt zu einem harten Bremsmanöver am rechten Straßenrand verkümmern lässt. Wenige Minuten später lassen wir unsere Mopeds vor der Garage des Hotels ausrollen, stellen sie unter und widmen uns einer Gerstenkaltschale.
Einlaufbier